Publikationsprozess

Organisatorisches

Semesterplan

Sitzung Datum Sitzungstitel
1 02.11.2020 Warum wissenschaftliche Psychologie
2 28.11.2020 29.11.2020 Hypothesen und der Prozess der Hypothesenprüfung
3 28.11.2020 29.11.2020 Experimentelles Vorgehen
4 28.11.2020 29.11.2020 Literaturrecherche
5 28.11.2020 29.11.2020 Operationalisieren und Messen
6 12.12.2020 13.12.2020 Experimentelle Versuchspläne
7 12.12.2020 13.12.2020 Störvariablen im Experiment
8 12.12.2020 13.12.2020 Nicht-experimentelle Versuchspläne
9 12.12.2020 13.12.2020 Material und Stichprobe
10 23.1.2021 24.1.2021 Auswertung, Darstellung und Interpretation
11 23.1.2021 24.1.2021 Ethische Probleme im Versuch
12 23.1.2021 24.1.2021 Publikationsprozess
13 wird noch bekannt gegeben Vorstellung der Gruppenarbeiten
14 wird noch bekannt gegeben Klausurvorbereitung

Wiederholung

Publikationen

Die Rolle von Publikationen

im Allgemeinen

  • Sammlung von Wissen
  • Weiterentwicklung von Theorien und Methoden
  • Bereitstellung von Wissen für die (Fach-)Öffentlichkeit

im Wissenschaftsbetrieb

  • Akademische Grade (Bachelor, Master, Diplom, Doktor, Habilitation)
  • Stellen: Publish or parish, Bewerbungen
  • Forschungsanträge

Wie und wo publiziert man?

  • im WOS allein sind 24.694 peer-reviewed journals aus verschiedenen Fachbereichen gelistet
  • Prestige variiert stark zwischen Journals (unterschiedliche rejection rates)
  • High impact oder top tier journals : Science, Nature,… (u.a., je nach Fachbereich)

Journal-Impact-Faktor?

  • Durchschnittliche Zitationen von Artikeln eines Journals in anderen Artikeln
  • In der Praxis oft Kriterium zur Beurteilung der Publikationsleistung
    • So nicht intendiert
Tab. 18: 2019 InCites Journal Citations Report (Analytics 2020)
Rank Full Journal Title JIF
1 A CANCER JOURNAL FOR CLINICIANS 223.679
2 Nature Reviews Materials 74.449
3 NEW ENGLAND JOURNAL OF MEDICINE 70.670
4 LANCET 59.102
5 NATURE REVIEWS DRUG DISCOVERY 57.618
6 CHEMICAL REVIEWS 54.301
7 Nature Energy 54.000
8 NATURE REVIEWS CANCER 51.848
9 JOURNAL OF THE AMERICAN MEDICAL ASSOCIATION 51.273
10 NATURE REVIEWS IMMUNOLOGY 44.019
11 NATURE REVIEWS GENETICS 43.704
12 NATURE REVIEWS MOLECULAR CELL BIOLOGY 43.351
13 NATURE 43.070
14 SCIENCE 41.037
15 CHEMICAL SOCIETY REVIEWS 40.443

Der Publikationsprozess

Gesamtdauer: 4 Wochen - 2 Jahre; Typisch um die 6 Monate

  1. Schreiben des Artikels (paper), Diskussion mit Koautoren/Fachkollegen

  2. Einreichung (submission) des Artikels bei einer Fachzeitschrift (journal)

  3. Begutachtung durch Herausgeber (editorial review)

    • desk rejection oder peer-review
  4. Anonyme Begutachtung durch (1-5, meist 2-3) Fachkollegen (peer-review)

  5. Entscheidung des Herausgebers auf Basis der Gutachten (editorial decision)

    • accept without changes
    • minor revisions
    • major revisions
    • reject (resubmission allowed)
    • reject (no resubmission allowed)
  6. Antwort (rebuttal, point-by-point reply) auf Gutachten (reviews):

    • Argumentation, ggf. Änderungen am Manuskript (revision), Textänderungen, Analysen oder Abbildungen, ggf. Nacherhebung von Kontrollbedingungen
  7. Wiedereinreichung des Manuskripts (resubmission)

  8. Publikation (erst online, dann ggf. Print; inzwischen z.T. auch nur online)

In seriösen Journalen werden die zur Publikation eingereichten Manuskripte von einer Gruppe von dem gleichen Wissenschaftsbereich angehörigen Wissenschaftlern überprüft und kritisiert. Dieses (nicht bezahlte und meist anonyme) Instrument der Qualitätssicherung der Überprüfung durch die Bezugsgruppe (Peer Review) stellt eine zentrale Säule des Wissenschaftsbetriebs dar.

Zu diesem Prozess und schwarzen Schafen lässt sich dieses Video von Dr. Nguyen-Kim empfehlen.

Gliederung einer Publikation

Übungsaufgabe 1

Welche (Art von) Angaben finden Sie in welchem Teil einer Publikation?

Was schreibt man wo hin?

Rahmen:

  • Titel

  • Autoren

  • Affiliations

  • Keywords

  • Vorwort, Finanzierungserklärungen und Danksagung

  • Erklärung zur Autorenschaft

Autorenliste

  • Erstautor (first author)

  • Zweitautor (second author)

  • Mittlere(r) Autor(en) (middle author(s))

  • Zweitletztautor (second senior author)

  • Letztautor (senior author)

  • shared authorships: Haben zwei Autoren einen gleichwertigen Beitrag geleistet, können Sie sich eine Position teilen (i.d.R. Erstautorenschaft)

  • author contributions: Manche Journals verlangen detaillierte Angaben darüber welcher Autor welchen Beitrag geleistet hat: designed research, performed research, contributed unpublished reagents/analytic tools, analyzed data, wrote the paper

Standardgliederung:

  1. Zusammenfassung (Abstract)
  2. Einleitung (Introduction)
  3. Methoden (Methods)
  4. Ergebnisse (Results)
  5. Diskussion (Discussion)
  6. Schlussfolgerungen (Conclusions)
  7. Literatur (References)
  8. Anhang (Supplements)

1. Abstract (Zusammenfassung)

  • Kurzform des Artikels
    • Je nach Journal unterschiedliche Länge gefordert(150-300 Wörter)
  • Gliederung:
    • Einleitung (1-2 kurze Sätze)
    • Fragestellung (1 Satz)
    • Methoden (3 Sätze)
    • Ergebnisse (3 Sätze)
    • Diskussion (2 Sätze)

300 Worte

2. Einleitung

  • Kurze Einführung in das Thema

    • Worum geht es?

    • Warum ist das interessant?

  • Definitionen, Begriffe

  • Diskussion bisheriger Studien / Theorien

  • Herausarbeiten offener / kontroverser Fragen

  • Ableitung der Fragestellung

  • (Skizze der Studie)

  • (Inhaltliche Hypothesen)

3. Methoden

  • Probanden (Participants)

  • (Geräte (Apparatus))

  • Material (Material)

  • Versuchsplan (Design)

  • Ablauf (Procedure)

  • Auswertung

    • (Preprocessing, Data Aggregation)

    • Statistische Auswertung

4. Ergebnisse

  • Manipulationsüberprüfung (Manipulation Check)

  • Hauptergebnisse (Main Results)

  • Zusatzanalysen (Explorative Analysis)

  • Abbildungen und Tabellen

5. Diskussion (& 6. Schlussfolgerung)

Rekapitulation
  • Ganz kurze Zusammenfassung der Ergebnisse
  • Sind die Hypothesen angenommen worden?
Integration
  • Passen die Ergebnisse zu anderen Studien oder widersprechen sie ihnen?
  • Wie lassen sich die Ergebnisse im theoretischen Rahmen erklären?
  • Welche Alternativerklärungen gibt es? Pro / Kontra
Perspektive
  • Welche Grenzen hat die Studie?
  • Was ist die take-home-message der Studie?
  • Wo kann weiter gemacht werden?

7. Literatur

Grundsätzliches
  1. Alle Literaturangaben im Text finden sich auch im Literaturverzeichnis.

  2. Im Literaturverzeichnis finden sich nur Literaturangaben aus dem Text.

  3. Literaturangaben müssen nach der vom Journal geforderten Konvention (bei uns die Richtlinien der DGPS) formatiert und sortiert sein.

Ethik im Wissenschaftsbetrieb

  • „gute wissenschaftliche Praxis“ vs. wissenschaftliches Fehlverhalten

  • Hochschulrektorenkonferenz definiert allgemein: „Wissenschaftliches Fehlverhalten liegt vor, wenn in einem wissenschaftserheblichen Zusammenhang bewusst oder grob fahrlässig Falschangaben gemacht werden, geistiges Eigentum anderer verletzt oder sonst wie deren Forschungstätigkeit beeinträchtigt wird. Entscheidend sind jeweils die Umstände des Einzelfalles.“

Wissenschaftliches Fehlverhalten

Falschangaben (fraud)

  • das Erfinden von Daten (forging)

  • das Verfälschen von Daten (trimming, cooking, cherry picking)

  • Manipulation von Darstellungen oder Abbildungen

Verletzung geistigen Eigentums

  • die unbefugte Verwertung unter Anmaßung der Autorschaft (Plagiat)

  • Ideendiebstahl

  • die Verfälschung des Inhalts

anderes Fehlverhalten

  • nicht-gerechtfertigte Inanspruchnahme der (Mit-)Autorenschaft

  • Sabotage von Forschungstätigkeit

  • Beseitigung von Primärdaten

Eine Mitverantwortung für Fehlverhalten kann sich unter anderem ergeben aus

  • aktiver Beteiligung am Fehlverhalten anderer

  • Mitwissen um Fälschungen durch andere

  • Mitautorschaft an fälschungsbehafteten Veröffentlichungen

  • grober Vernachlässigung der Aufsichtspflicht

Ein paar weitere Beispiele:

Replikationsproblem

Betrug vs. Replikationsproblem

  • Nicht alle nicht-replizierbaren Studienergebnisse gehen auf Wissenschaftsbetrug (scientific fraud) zurück!

  • Manchmal auch „nur“ ungenügend abgesicherte Befunde (Zufallssignifikanzen, Effekte von unbekannten unkontrollierten Störvariablen, kleine aber bedeutsame Abweichungen in der Versuchsdurchführung, etc.)

  • Problem: sogar erfolgreiche Replikationen lassen sich schwerer publizieren als die Erstbeschreibung eines Phänomens; misslungene Replikationen erst recht

publication bias

Publikationsbias (Publication bias; file drawer problem, “Schubladenproblem”): „langweilige“, negative (nicht-signifikante) Ergebnisse lassen sich viel schwerer publizieren als „spannende“, positive (signifikante) Ergebnisse

  • Auswirkung: aufgrund fälschlich erhöhter Häufigkeit positiver Ergebnisse kann z.B. die Wirksamkeit einer Therapie überschätzt werden

  • beeinflusst auch Metaanalysen welche die Effektstärke studienübergreifend auf Basis bisher publizierter Daten untersuchen

Gründe wissenschaftlichen Fehlverhaltens

  • Bevorzugte Publikation spektakulärer, kontraintuitiver Ergebnisse \(\rightarrow\) Anreiz, einfache, schnelle, kleine Studien zu produzieren („salami science“)

  • Ökonomischer Druck bei wissenschaftlicher Karriere \(\rightarrow\) Publikationen und Drittmittel notwendig, kaum Festanstellungen

Zunahme zurückgezogener Artikel

“Science’s ultimate post-publication punishment: retraction, the official declaration that a paper is so flawed that it must be withdrawn from the literature.“

Aus @vannoordenSciencePublishingTrouble2011.

Abb. 12: Aus Van Noorden (2011).

Neil Saunders: http://pmretract.heroku.com/byyear

Abb. 13: Neil Saunders: http://pmretract.heroku.com/byyear